Grundregeln der Netiquette: RFC 1855 (1995)  

Das RFC 1855 behandelt "minimale Richtlinien zur Netzwerk Etikette". Schon im ersten Absatz wird der unverbindliche Charakter des Schriftstückes betont und ausdrücklich festgestellt, daß es keinen Internetstandard darstellt. Das Dokument soll eine Richtlinie für Organisationen bieten, die diese nach ihren eigenen Bedürfnissen umschreiben und anpassen können. Es kann auch dem einzelnen User oder Systemadministrator eine Grundlage dafür geben, welches Verhalten im Netz angemessen ist.
Die "Netiquette Guidelines" beschäftigen sich mit allen wesentlichen Aspekten der Kommunikation im Internet. Netzdienste werden in die drei Kategorien "One-to-One Communication", zu der Email und Talk zählen, "One-to-Many Communication", wie Netnews und Mailinglisten und "Information Services", z.B. FTP, WWW und Telnet, gegliedert. Es werden sowohl Richtlinien für Systemadministratoren als auch für Endnutzer berücksichtigt. Der Schwerpunkt liegt aber auf userseitiger Netiquette. Internet Relay Chat kommt als eigener Dienst im RFC nicht vor, vermutlich weil dieser Dienst erst 1989 in Finnland entwickelt wurde und von der US-amerikanisch geprägten IETF seinerzeit noch nicht als einer der großen Dienste wahrgenommen wurde.
Im folgenden werden die wichtigsten Regelungen dargestellt. Sie finden sich in den verschiedensten Diensten mehr oder weniger ähnlich und mit unterschiedlichen Schwerpunkten wieder. Bei Punkten, die vor allem auf einen bestimmten Dienst zutreffen wurde dies gekennzeichnet.


1 Grundregeln - Kommunikatives Verhalten  

Auf der anderen Seite sitzt ein Mensch, der seine Vorlieben und Abneigungen hat. Man sollte immer daran denken, daß das Gegenüber andere Moralvorstellungen haben kann. Genauso sollte man, wenn man durch eine Aussage beleidigt wird, diese ignorieren und keinen Kreuzzug zur Verteidigung seiner Ansichten starten. Bei Mailinglisten und News ist es wichtig, das Publikum zu beachten, für das man schreibt.
· Man sollte die Einschränkungen einer Kommunikationsform, die nur über Schriftsprache als Ausdrucksmittel verfügt, immer im Gedächtnis behalten. Schreibweisen, um Gefühle oder Tonfall wie Betonung oder Ironie auszudrücken, z.B. Unterstriche oder Sternchen zu Betonung und Smileys zur Indikation von Sarkasmus oder Ironie, sind wenigstens ein kleiner Hinweis, wie mehrdeutige Ausdrücke gemeint sein sollen.

Flaming - persönliche Angriffe in einer Auseinandersetzung über ein kontroverses Thema - werden nicht gerne gesehen, obwohl sie manchmal nicht zu vermeiden sind. Postings sollten kurz und thematisch passend sein und nicht andere auf unwesentliche Dinge wie Rechtschreibfehler aufmerksam machen. (NEWS) ·

Es gibt bestimmte Konventionen wie man im Internet zitiert. Gerade bei Diskussionsgruppen gibt es oft ein beträchtliches Artikelaufkommen, so daß das Anführen des Bezugsartikels notwendig wird. Die Bezüge des vorherigen Artikels sollen zusammengefaßt, jedoch nicht der ganze Artikel zitiert werden. Man sollte ebenfalls überlegen, ob zu bestimmten Artikeln eine persönliche Antwort nicht sinnvoller ist, als in die Gruppe oder die Liste zu posten. (NEWS)

· Im IRC und in MUDs bestehen Regeln zum Verhalten im Channel bzw. im Raum:

Man sollte beim Betreten und Verlassen eines Raumes bzw. eines Channels grüßen und sich verabschieden. Dies sollte jedoch nicht durch ein Programm sondern persönlich geschehen.

Man sollte akzeptieren, daß fremde Leute im IRC oder MUD nicht antworten, wenn man sie anspricht.

In vielen virtuellen Gemeinschaften erschaffen die Nutzer eine neue Persönlichkeit. Daran sollte man sich halten und die Nicks oder Pseudonyme in Online-Konversation benutzen, auch wenn man den echten Namen kennt.

Man sollte Leute im IRC oder MUD nicht sofort nach persönlichen Sachen fragen.


2 Dienstspezifische kommunikative Regelungen  

Man sollte sich die Zeit nehmen, die Grundlagen des Clientprogramms und der Funktion des Netzwerks zu lernen, z.B. wie ein Mailprogramm benutzt wird, was die verschiedenen Headerzeilen bedeuten, wie der Text formatiert wird usw. Bevor man in einer Newsgruppe Fragen stellt, sollte man die Manuals und FAQs (Frequently Asked Questions) lesen. User, die schon länger im Netz sind, haben dafür schon ein Akronym: RTFM = Read The Fucking Manual (in amerikanischen offiziellen Quellen wird F als fine übersetzt). Es ist äußerst störend, immer wieder die gleichen Fragen der Neuzugänge beantworten zu müssen. Die Fragen sollten an die entsprechende Gruppe gesendet werden. Bevor man in eine Diskussion in einer Gruppe einsteigt, sollte man sie erst ein bis zwei Monate lesen, um die Kultur und die Umgangsformen kennenzulernen.

Die Systemadministratoren sollten nicht für alle Probleme verantwortlich gemacht werden, vor allem nicht, wenn man ein persönliches Problem mit einem anderen User hat.

Das Internet ist ein globaler Dienst, deshalb muß man die Zeitunterschiede beachten und sich zum Beispiel nicht wundern, wenn man auf eine E-Mail nicht sofort eine Antwort kommt - es könnte bei dem Absender gerade Nacht sein.

Persönliche Mails sollten nicht an eine Liste oder Gruppe geschickt werden. Manche Mail- oder News Programme sind so konfiguriert, daß eine Antwort mit dem "Re:"-Button auf eine Mail automatisch an die Liste oder Gruppe geht.


Administrative Mail, wie Anmeldung oder Abmeldung gehören nicht in die Mailingliste, sondern an das Verwaltungsprogramm, das eine eigene Mailadresse hat.

Fälschen von Postings (d.h. Artikel unter der Identität eines anderen schicken) ist nicht erlaubt, aber nur schwer zu verhindern. Wenn man nur wenig weitergehende Kenntnisse der Netzprotokolle hat, ist es sehr leicht unter falschem Namen elektronische Post zu verschicken. Die Benutzung von anonymen Remailern, die elektronische Mail anonymisieren, wird in manchen Gruppen toleriert, meist aber nicht.

 

3 Schonung der Netzressourcen  

In der Regel sollte man keine Mail größer als 50 k verschicken. Manche Leute zahlen für ihre Verbindung zum Internet per Minute oder per Kilobyte. Bei großen Dateien sollte man auf eine URL verweisen oder die Datei auf einem FTP-Server ablegen.

Spam, Kettenbriefe und unerwünschte Werbung sind verpönt. Es kann Konsequenzen haben, wenn man sich darüber hinwegsetzt. Da Datentraffic vom Sender und Empfänger gleichermaßen bezahlt werden, summieren sich durch die weltweite Verteilung die Kosten. In den News heißt das auch, Postings an mehrere Gruppen zu vermeiden. Wenn eine Nachricht für mehrere Gruppen interessant ist, sollte man den Crossposting-Mechanismus benutzen, der mit Verweisen des Originalpostings arbeitet, und nicht die Nachricht an jede Gruppe einzeln schicken. Man sollte von der Möglichkeit Gebrauch machen, die Verteilung eines Usenet-Postings auf das Land, eine Region oder eine Stadt zu beschränken.

Wenn man in einem Usenet-Posting einen Fehler gemacht hat, sollte man das Posting canceln, d.h. zurückziehen.

Bei FTP (File Transfer Protocol) sollte man den nächstgelegenen Mirrorserver benutzen und nicht den originalen weiterentfernten Server. "Rush hours" für beliebte Server sollten gemieden werden. Das spart Zeit und Nerven. Auch hier sind die Zeitunterschiede zu beachten. Das sogenannte "dumping" - Material zum Download auf fremden FTP Server ablegen - wird sehr ungern gesehen und kann sogar illegal sein.

4 Copyright und Datenschutzfragen  

Ein kleiner Teil der Netiquette beschäftigt sich mit Fragen des Copyright und Datenschutzes. Da die Rechtsprechung zu diesen Fragen von Land zu Land verschieden ist, wird in der Regel, so auch im RFC1855, nur auf die Problematik aufmerksam gemacht und der Nutzer aufgefordert, sich über die entsprechenden Gesetze in seinem Land zu informieren. Es gibt verschiedene Punkte, die davon betroffen sind. Beispielsweise:

das Zitieren (quoting) und Weitersenden (forwarding) von elektronischer Post;

das elektronische "Postgeheimnis", da Mail im Normalfall unverschlüsselt versendet wird und im Prinzip jeder mitlesen kann;

die Frage nach dem Besitz von Userdaten, gehören diese dem Serviceanbieter, auf dessen Rechnern die Daten gelagert werden oder dem Erzeuger..

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